Eine Primärinfektion mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV) kann ohne Symptome, mit nur wenigen grippeähnlichen Symptomen oder als Infektiöse Mononukleose (IM) verlaufen. Die IM heilt meist nach einigen Tagen oder Wochen ohne Komplikationen aus. Bei einigen Patientinnen und Patienten manifestieren sich jedoch schwere akute Komplikationen. Ebenso kann sich ein langwieriger Verlauf mit vielfältigen Symptomen einstellen, der als post-akutes Infektions-Syndrom (PAIS) bezeichnet wird. Eine besonders schwere Form des PAIS ist Myalgische Enzephalomyelitis/ Chronisches Fatigue-Syndrom (ME/CFS). Nach überstandener IM ist zudem das Risiko für die Entwicklung eines Hodgkin-Lymphoms oder einer Multiplen Sklerose erhöht. Als Ursache für schwere akute Komplikationen wurden bestimmte angeborene Immundefekte identifiziert. Auch bei langfristigen Komplikationen spielt eine Fehlregulation des Immunsystems wahrscheinlich eine zentrale Rolle. Allerdings sind die verantwortlichen Pathomechanismen noch nicht im Einzelnen aufgeklärt und die Risikofaktoren für Folgeerkrankungen weitgehend unbekannt.
Die am MCFC koordinierten Studien zur Infektiösen Mononukleose in München (IMMUC) zielen darauf ab, Biomarker und ursächliche Faktoren für akute Komplikationen und langwierige Verläufe zu identifizieren. Erhoben werden komplexe Sets an klinischen Daten und Labordaten im Verlauf einer gesicherten EBV-IM bei Kindern, Jugendlichen und sehr jungen Erwachsenen.
In die IMMUC Pilot und Full Study wurden innerhalb von vier Wochen nach Symptombeginn insgesamt 200 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit IM und virologisch nachgewiesener EBV-Erstinfektion rekrutiert und etwa drei und sechs Monate später klinisch und im Labor nachuntersucht. Die Rekrutierung erfolgte aus Kliniken und Praxen im Raum München. An allen Untersuchungszeitpunkten wurden ein komplexer IM-Symptomscore erhoben und Bioproben (Blut, Speichel) für die Analyse von Routinelaborparametern und experimentellen Laborparametern gesammelt. Letztere schlossen ein breites Panel von Zytokinen, zellulären und viralen Markern ein.
Die nachfolgende IMMUC Cohort Study baut auf den Ergebnissen der Vorläuferstudien auf. Im Fokus stehen mögliche Risikomarker und kausale Faktoren von Post-akuten Infektions-Syndromen (PAIS) nach EBV-IM. Als schwerste Form der PAIS wird die/das Myalgische Enzephalomyelitis/ Chronisches Fatigue-Syndrom (ME/CFS) im Besonderen berücksichtigt. Mit den klinischen Daten und Bioproben (Blut, Speichel) der IMMUC Cohort Study sollen Kandidaten für Risikofaktoren und Biomarker der Vorläuferstudien validiert und zusätzliche Fragestellungen bearbeitet werden, so z.B. der prädiktive Wert eines Symptomtagebuchs, Handkraftanalysen, Analysen von Kreislaufparametern in einem 10-Minuten-Stehtest zur Abklärung eines Posturalen orthostatischen Tachykardie-Syndroms (POTS) sowie Analysen von EBV-neutralisierenden und zahlreichen Autoantikörpern. Wir rekrutieren 150 Patientinnen und Patienten im Alter von bis zu 25 Jahren, die innerhalb der letzten vier Wochen nachweislich an einer EBV-Primärinfektion erkrankt sind und untersuchen den Krankheitsverlauf bis zu sechs Monate nach Symptombeginn. Von den Ergebnissen erwarten wir Beiträge zu einem verbesserten Krankheitsverständnis sowie zu Verbesserungen der Diagnostik, Therapie und Prävention der komplizierten EBV-IM, aber auch darüber hinaus von anderen EBV-assoziierten Erkrankungen, PAIS nach anderen Infektionen, Post-Vakzinierungs-Syndromen und/oder anderen Formen von ME/CFS.
IMMUC Pilot und Full Study: 01.03.2017 – 31.12.2020
IMMUC Cohort Study: 01.01.2021 – 31.12.2025
Deutsches Zentrum für Infektionsforschung (DZIF)
https://www.dzif.de/de/epstein-barr-virus-von-harmlos-bis-folgenschwer